Erfahrungen mit Sucht und Co-Abhängigkeit

2 Rollen Klopapier oder Genetik im Alltag

Maria besucht ihren Enkel und sie freut sich, dass sie Kontakt mit ihm haben kann, dass er diesen Kontakt auch wünscht. Schließlich war die familiäre Situation aufgrund ihrer Suchterkankung schwierig. Ihre Kinder sind in Pflegefamilien aufgewachsen. Sie freut sich, dass sie so hübsche Enkel hat und dass es dem Enkel soweit gut geht. Es ist aber auch Entsetzen da. Er und die 3 anderen Geschwister leben von Sozialhilfe, haben keinen Beruf, unterhalten sich nicht selbst: sind abhängig vom Staat. Das ist ein Déjà-vu der eigenen früheren Situation, wobei ihre Alkohol- und Drogenabhängigkeit die Grundlage dafür waren. Das grösste Deja-vu sind jedoch die 2 Rollen Klopapier auf dem Wohnzimmertisch. Davon konnte er doch gar nichts wissen! Die hatte sie früher ebenfalls dort stehen, statt Papiertaschentüchern, Servietten, etc. Im Laufe ihrer eigenen Entwicklung sind sie vom Wohnzimmertisch verschwunden….Jetzt zweifelt sie an ihrem Verstand. Kann so etwas sein? Ja, es kann. Die Genetik treibt seltsame und wie ich finde, auch lustige Blüten. Vorlieben , auch ganz alltägliche, werden oft weiter „vererbt“, auch wenn die Personen in großer Entfernung voneinander gelebt haben, sich vielleicht auch noch nie begegnet sind.
Maria nimmt die Versicherung dankbar auf, dass alles in Ordnung ist mit ihr. Sie ist nach wie vor auf einem sehr guten, nüchternen Genesungsweg.

Christa Steinhauer